In diesem Artikel geht es Camping mit Rollstuhl – genauer gesagt um den Ausbau meines Kleinbusses zu einem Campingbus. Viele Begriffe werden synonym verwendet: Wohnmobil, Camper, Campervan, Kompaktcamper … Ist auch egal – Du weißt, was ich meine und Hauptsache, es macht Spaß!
Schon länger hatte ich den Traum von einem Wohnmobil. Den Gedanken, die Welt zu bereisen und einfach dort zu bleiben, wo es schön ist und das Wetter passt, fand ich mega-cool. Campingurlaub boomt ohnehin seit Jahren und die Corona-Pandemie hat den Campingtrend zudem enorm beflügelt. Allerdings braucht es für das Camping mit Rollstuhl besondere Voraussetzungen.
Das Hauptargument für den Kauf eines Busses war mein Handicap. Als Rollstuhlfahrer gelange ich über einen Kassettenlift sicher und bequem in den Bus, kann mich über die Transferkonsole auf den Fahrersitz umsetzen und selbst fahren. Den Bus benötige ich also in erster Linie ganz regulär im (Berufs)Alltag.
Camping mit Rollstuhl – Der Campingbus
Das Raumgefühl und der Platz im Bus kurbelte meine Campingbus-Gedanken ordentlich an und ich begann damit, Skizzen zu erstellen. Es ist gar nicht so einfach, alles unterzubringen und für mich praktikabel zu gestalten. Eines gleich vorweg: Es gibt nicht DEN Ausbau für Rollstuhlfahrer. Jeder Ausbau ist so individuell, wie deine Fähigkeiten. Kannst du aufstehen, dich umsetzen, dich aus dem Liegen aufrichten? Wo benötigst du Haltegriffe? Möchtest du selbst fahren? Wie kommst du in das Fahrzeug?
Mit diesem Artikel möchte ich dich inspirieren, dir meine Herangehensweise und meinen Bus vorstellen. Camping mit Rollstuhl ist gar nicht so weit weg, wie du vielleicht denkst.
Peugeot Traveller als Campingbus
Ich habe einen Peugeot Traveller in der Ausführung (L3) mit einer Gesamtlänge von 5,30 m. Hört sich lang an? Ist wirklich lang, aber immer noch alltagstauglich. Durch den behindertengerechten Umbau von PARAVAN ist der Boden ab der Mitte um 14 cm abgesenkt. Die dadurch gewonnene Innenhöhe ist auch beim Camping sehr angenehm. So kann meine Frau Bettina mit ihren fast 1,80 m gebückt im Camper stehen.
Wir haben uns gegen ein Aufstelldach entschieden. Erstens, weil wir eine große Liegefläche haben und einen zweiten Schlafplatz nicht benötigen. Zweitens hat der Peugeot Traveller in der Ausstattungsvariante zwei Glasfenster im Dach. Das schafft eine unglaublich tolle Atmosphäre im Fahrzeug, gerade wenn die übrigen Scheiben mit Thermo-Matten als Sichtschutz verdeckt sind. Und äh … drittens: Als Rollstuhlfahrer benötige ich nicht wirklich die Stehhöhe im Fahrzeug.?
Sitzbank, Tisch und Bett
Wenn es mal regnet, möchten wir uns eine Zeit lang im Camper aufhalten können – nicht nur liegend. Deswegen war es uns wichtig, das Bett einfach zu einer Sitzbank umbauen zu können.
Bisher haben wir noch nicht wirklich viel Zeit im Campingbus verbracht (außer schlafend) aber die Sitzbank ist super bequem und der Platz ist beeindruckend.
Im Campingbus kommt dem Bett eine besondere Bedeutung zu. Schließlich ist erholsamer Schlaf eine Voraussetzung für einen schönen Urlaub.
Küche & Co.
Wer wirklich unabhängig campen möchte, braucht Gelegenheit zum Kochen und Spülen. Unser Campingbus verfügt über ein ausziehbares Küchenmodul mit Spüle und einem zweiflammigen Gaskocher, der herausnehmbar ist.
Die Höhe ist übrigens genau passend. So ist Camping mit Rollstuhl wirklich angenehm.
Kühlbox und Stromversorgung
Für Lebensmittel und Getränke benötigst du zwingend eine Kühlbox. Während der Fahrt kann die Kühlbox mit der Autobatterie versorgt werden. Steht das Fahrzeug, kann es jedoch schnell eng werden.
Mir war eine sichere Stromversorgung nicht nur wegen der Kühlbox wichtig, sondern auch, weil ich z. B. die Rollstuhlräder oder das Wheel-e (Rollstuhlzuggerät) über Nacht laden will.
Das Fahrzeug wurde deswegen mit einer Außensteckdose ausgestattet, um die Autobatterie zu laden und zusätzlich den Strom zu einer Innensteckdose durchzuschleifen. Ist Landstrom vorhanden, können wir uns im Campingbus prima versorgen.
Stehen wir autark und haben keinen Landstrom zur Verfügung, kommt eine 550 Wh Powerstation zum Einsatz. Damit kann die Kühlbox locker zwei Tage betrieben werden.
Toilette
Philosophien über Nutzung von Campingtoiletten gibt es vermutlich so viele, wie es unterschiedliche Klopapiersorten gibt. Während es für die einen ein absolutes No-Go ist, sich auf eine kleine Toilette im Campingbus zu setzen, ist es für andere wiederum vollkommen ok. Kommen die Toiletten für die einen nur bei kleinen Geschäften in Frage, erledigen andere selbst großes.
Philosophie hin oder her. Ich wollte ein Klo für Notfälle oder für Kleinigkeiten nachts. Bevor ich nachts über den Campingplatz zum Sanitärhäuschen muss oder den nächsten Strauch anfahren muss, bemühe ich lieber mein mobiles Klo im Campingbus. Erste Erfahrungen zeigen, es funktioniert sehr gut so.
Camping mit Rollstuhl – Das Raumkonzept im Campingbus
Als Rollstuhlfahrer weisst du, wie viel Platz Hilfsmittel brauchen. Beim Camping mit Rollstuhl ist das nicht anders. Weil der Campingbus nicht nur Campingbus sondern auch Alltagsauto ist, muss der Raum hinter den Sitzen vorne freigeräumt werden können. Bin ich alleine unterwegs, fahre ich mit dem Lift in das Auto ein und der Fahrersitz fährt zum Umsetzen zurück. Das braucht Platz.
Deswegen ist das Bettmodul nur 1,50 m lang. Die Verlängerung auf 1,90 m geschieht durch zwei Sitzboxen/Sitzhocker in denen sich das Porta Potti und die Kühlbox befindet.
Gerätschaften wie Rollstuhl (Falter), Zuggerät, ein Faltrad und Campingmöbel finden draußen den besten Platz. Ich habe mir dazu passende Schutzhüllen und zwei 2 m lange Stahlseile von Abus mit Schloss besorgt, um alles am Fahrzeug zu befestigen.
Die Campingmodule können übrigens ganz einfach ausgebaut und gegen die reguläre „Bestuhlung“ getauscht werden. Nur vier Schrauben lösen und das Bett-/Küchenmodul auf einen Transportwagen ziehen.
Individueller Ausbau
Ich habe lange geschaut, ob für mich Campingmodule von der Stange in Frage kommen. Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe Anbieter. Schnell wurde klar, dass ich bestimmte Maße und Höhen brauchte, um mich zum Beispiel im Bett aufzurichten oder mich im Fahrzeug umzusetzen. Außerdem war mir die Stabilität und Haltbarkeit der Konstruktion wichtig.
Über Pinterest fand ich die Firma Vanside in Lorch, Baden-Württemberg. Vom ersten Kontakt an waren Lukas und Bernd Maier von Vanside Feuer und Flamme für meine Ideen, brachten sich mit tollen Vorschlägen ein und setzten alles erstklassig um.
Die beiden sind sehr angenehme Zeitgenossen, tragen das Herz auf dem richtigen Fleck und und bieten einen extrem guten Service an. Wer sich für einen individuellen Ausbau interessiert, dem sei Vanside empfohlen!
Diese Empfehlung spreche ich aufgrund positiver Erfahrungen aus. Ich habe dafür keine Vergünstigungen erhalten, die mich diesen Artikel als Werbung kennzeichnen lassen müssten.
Hast du selbst Erfahrungen mit Camping mit Rollstuhl oder möchtest du auch zum Camper werden? Schreibe mir gerne in die Kommentare.?
Hallo Christof,
ich bin aus Zufall über deinen Blog gestolpert und länger geblieben als gedacht 😀 Dein Schreibstil hat etwas Besonderes, eine Mischung aus Humor und Ehrlichkeit und bringt einen dazu weiterlesen zu wollen 😀
Ich bin jetzt schon seit einer Weile am Überlegen, ob ich mir einen eigenen Bus ausbaue. Einen Fertigen oder sogar ein Wohnmobil zu kaufen, liegt leider nicht in meinem Preisrahmen. Du hast mich mit deinem Post auf Sachen aufmerksam gemacht an die ich bisher noch nicht gedacht hatte 😀 Eine Spüle hatte ich zum Beispiel bisher auch nicht auf dem Schirm. Wie groß sollte dann der Wassertank denn ca. sein? Also für ungefähr 5 Tage und 2 Personen?
Hi Sabine
Schön, dass dir der Blog gefällt 😀. Eine Spüle ist sehr praktisch. Die Größe des Wassertanks hängt von eurem Bedarf ab. Wenn ihr 5 Tage lang autark campen möchtet, benötigt ihr ohnehin einen großen Wasservorrat und Entsorgungsmöglichkeiten. Für die Tanks gilt: je größer desto besser. (Ich denke, mindestens 30 l) Bedenke, dass du einen Frischwassertank und einen Abwassertank benötigst.
Es gibt Wasserhähne, die sind mit einem Brausekopf und einem Schlauch ausgestattet. Die eignen sich gut zum duschen.
Hallo Christof, bin ebenfalls eher zufällig auf Deinen Blog gestoßen, und freue mich über Deine Begeisterung mit Eurem Camper!
Sitze leider seit letztem Jahr im Rollstuhl, und so langsam werde ich wieder fit genug, um über Camping nachzudenken.
Habe mit meiner Frau seit 2011 einen VW California, und wir haben traumhafte Urlaub damit verlebt. Nebenbei war der Bulli immer mein Traum, um zum Angeln die Küsten zu fahren.
Nun sortieren sich die Gedanken neu, mit dem Rollstuhl, und das wird so bleiben, reicht der Platz im Bulli, komme ich an den Wassertank, welche Aufgaben kann nur noch meine Frau erledigen?
Dein Bericht motiviert mich, zumal schon der Gedanke aufkam, den Bulli abzugeben.
Danke dafür, und Euch alles Gute und noch viele schöne Urlaube! Mirko
Hey Mirko,
dein Kommentar freut mich sehr! Vielen Dank. Ich finde es klasse, dass du deine Leidenschaft für den Camper wieder entdeckst. Auch mit Rolli geht das recht gut. In diesem Sommer geht es für uns nach Belgien, Frankreich und Italien.
Ich wünsche euch, dass alles so funktioniert, wie ihr es euch vorstellt. Wenn ich irgendwie helfen kann, oder du spezielle Tipps brauchst, lass es mich gerne wissen.
Viele Grüße
Christof